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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 9. April 2013

THE INVESTIGATOR (2008)

Originaltitel: A nyomozó
Regie und Drehbuch: Attila Galambos, Musik: László Melis
Darsteller: Zsolt Anger, Judit Rezes, Csaba Czene, Zsolt Zágoni, Ilona Kassai, Peter Blasko, András Márton Baló, Éva Kerekes, Ildikó Tóth, Sándor Terhes, József Tóth
A nyomozó
(2008) on IMDb Rotten Tomatoes: -; weltweites Einspielergebnis: $0,1 Mio.
FSK: 16, Dauer: 107 Minuten.
Tibor Malkáv (Zsolt Anger) ist nicht gerade ein lebenslustiger Mensch. Er ist alles andere als ein Adonis, er behauptet von sich selbst, er habe keinen Humor (was aber ein bißchen gelogen ist) und bei seinem Beruf als Pathologe lernt er auch nicht gerade viele Menschen kennen. Nunja, lebendige Menschen. Und als dennoch aus nicht nur ihm unerfindlichen Gründen die hübsche Kellnerin Edit (Judit Rezes) Interesse an ihm zeigt, lehnt er selbst eindeutigste zweideutige Angebote ab, ohne eine Miene zu verziehen. Das ist übrigens wörtlich zu nehmen – im Grunde genommen gibt es im gesamten Film nicht den geringsten Wandel in Tibors Mimik, abgesehen von einem gelegentlichen unkontrollierten Zucken der linken Gesichtshälfte. Zu allem Überfluß ist auch noch Tibors Mutter krebskrank und kann nur im Ausland operiert werden. Doch dafür fehlt Tibor das Geld. Bis er von einem Fremden ein verlockendes Angebot erhält: 40.000 Dollar für einen Mord! Tibor nimmt an und alles geht glatt – bis er tags darauf einen Brief von dem Ermordeten erhält ...

Kritik:
Zugegebenermaßen bin ich nicht gerade ein intimer Kenner des ungarischen Kinos. Das, was ich gesehen habe – Nimród Antals Geniestreich "Kontroll" sowie die bekanntesten Filme des Meisterregisseurs István Szabó ("Mephisto", "Hanussen", "Oberst Redl", "Sunshine – Ein Hauch von Sonnenschein") –, hat mich aber sehr beeindruckt. Attila Galambos' "The Investigator", ein beim Fantasy Filmfest 2008 gezeigter schwarzhumoriger Thriller mit Film Noir-Anleihen, ist zwar kein Meisterwerk, aber doch ein weiterer beeindruckender Beweis für die Qualität ungarischen Filmschaffens.

Auf den ersten Blick entspricht die Handlung von "The Investigator" recht konventionellen Thriller-Handlungsmustern, auch wenn es zum Glück ein paar unerwartete Wendungen gibt. Die große Stärke des Films ist aber eindeutig nicht seine Story, stattdessen sind es die schrägen Figuren und die wunderbar sarkastischen Dialoge, die dem geneigten Zuschauer viel Freude bereiten. Man kann nicht gerade behaupten, daß Zsolt Anger in der Titelrolle des Stoikers Tibor eine überragende schauspielerische Leistung zeigt, denn seine Figur bedingt es ja gerade, daß er selbst bei den erschreckendsten oder verrücktesten Entwicklungen stets den gleichen unberührten Gesichtsausdruck zur Schau stellt. Außer Frage steht jedoch, daß Anger das nötige Charisma mitbringt, um diesen äußerst schwierigen Protagonisten trotz seiner offensiv zur Schau gestellten Emotionslosigkeit zu einem überzeugenden Mittelpunkt von "The Investigator" zu machen.

Während sich der eigentliche Krimiplot phasenweise recht gemächlich entfaltet, gibt es zwischendurch zur Auflockerung ein paar kuriose Sterbeszenen, deren Protagonisten am nächsten Tag bei Tibor in der Pathologie liegen und schon mal in skurrilen Fantasiesequenzen mit ihm sprechen. Daß die gefeierte TV-Serie "Six Feet Under" dafür als Inspirationsquelle diente, ist anhand der Art der Inszenierung sehr naheliegend, zumal die gute Hauptdarstellerin Judit Rezes optisch stark an "Six Feet Under"-Aktrice Rachel Griffiths erinnert. Im Mittelteil offenbart "The Investigator" dennoch ein paar Längen, auch über die recht unspektakuläre Auflösung kann man inhaltlich sicher streiten – wenngleich diese durchaus konsequent ist und mit einem schönen Showdown aufwartet. Die Chance, daß geübte Krimi-Zuschauer den wahren Bösewicht im Hintergrund relativ früh erkennen, ist leider ziemlich groß. Dies weniger durch inhaltliche Hinweise, sondern rein aufgrund der relativ leicht durchschaubaren Figuren-konstellation, die eigentlich kaum einen anderen Schluß zuläßt. Für ein Werk dieses Genres ist das logischerweise ein beträchtliches Manko, aber da der restliche Film so gut funktioniert, hält sich der Schaden in Grenzen.

Fazit: "The Investigator" ist ein schwarzhumoriger ungarischer Thriller, der trotz seiner recht konventionellen Handlungsstruktur und des gewollt sperrigen Protagonisten mit gekonnter Noir-Atmosphäre und einigen herrlich schrägen Figuren unterhält, die auch in einem Film der Coen-Brüder auftauchen könnten.

Wertung: 8 Punkte.

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