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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 1. Dezember 2016

OSCAR-News: "La La Land" mit 12 Critics Choice-Nominierungen, "Moonlight" und "Arrival" mit 10

352 Filmkritiker aus den gesamten USA haben über die besten Leistungen des Jahres 2016 abgestimmt, herausgekommen sind dabei diese Nominierungen (wichtigste Kategorien):

Bester Film:
- Arrival
- Fences
- Hacksaw Ridge
- Hell or High Water
- La La Land
- Lion
- Loving
- Manchester by the Sea
- Moonlight
- Sully

Keine Sensationen, aber der Vergleich mit den vorgestern verliehenen NBR Awards ist sehr interessant. Die dort überraschend nicht in den Top 10 genannten OSCAR-Kandidaten sind hier nämlich beinahe alle vertreten: Denzel Washingtons sozialkritische Theateradaption "Fences", Garth Davis' Drama "Lion" (über einen indischen Jungen, der seine Eltern buchstäblich verliert und von einem australischen Ehepaar adoptiert wird, bis er als Erwachsener versucht, seine leibliche Familie ausfindig zu machen) und Jeff Nichols' Liebes- und Rassismusdrama "Loving" (über ein gemischtrassiges US-Ehepaar in den 1960er Jahren). Die leichten Sorgenfalten, die bei den Beteiligten (und vor allem den Produzenten) dieser Filme am Dienstag aufgekommen sein dürften, können sich nun also vorerst wieder legen. Problematisch sieht es nur für Pablo Larraíns "Jackie" (über Jackie Kennedy in den Tagen nach dem Mord an JFK) aus, das erneut übergangen wird, aber in der Königskategorie auch nicht zu den größten Favoriten zählte. Von den NBR-Top 10 fehlen hier umgekehrt Peter Bergs "Patriots Day" (über den Terroranschlag auf den Boston-Marathon), Martin Scorseses Historiendrama "Silence" (das den NBR-Juroren in einer Sondervorführung gezeigt wurde, für die Critics Choice Awards aber wohl schlicht zu spät fertig wurde), die Hollywood-Satire "Hail, Caesar!" von den Coen-Brüdern und Theodore Melfis Biopic "Hidden Figures" über drei schwarze NASA-Mathematikerinnen in den 1960er Jahren. "Silence" sollte bei entsprechender Qualität gute Chancen haben, zu den OSCAR-Nominees zu zählen, für die drei anderen dürfte es aber schwierig werden. Bleiben noch die gemeinsamen Nenner bei NBR und Critics Choice Award, die also den bestmöglichen Start in die Awards Season hingelegt haben: "Arrival", "Hell or High Water", "La La Land" (Gewinner bei den New Yorker Kritikern), "Manchester by the Sea", "Moonlight" und "Sully". Am überraschendsten ist das bei Clint Eastwoods zwar positiv, aber nicht überragend besprochenem "Sully", doch alle sechs sind sicherlich reelle OSCAR-Kandidaten.

Regie:
- Damien Chazelle, "La La Land"
- Mel Gibson, "Hacksaw Ridge"
- Barry Jenkins, "Moonlight"
- Kenneth Lonergan, "Manchester by the Sea"
- David Mackenzie, "Hell or High Water"
- Denis Villeneuve, "Arrival"
- Denzel Washington, "Fences"

Die größte Überraschung dieser Kategorie ist, daß gleich sieben Regisseure nominiert wurden - was aber auch dafür sorgt, daß fast alle aussichtsreichen Kandidaten genannt werden, von denen Gibson noch am unerwartetsten kommt. Es fehlen Clint Eastwood und Martin Scorsese (wie gesagt: vermutlich war der Film nicht rechtzeitig fertig). Am besten sieht es aktuell für den auch von den New Yorker Filmkritikern ausgezeichneten Jenkins aus, aber die OSCAR-Juroren haben normalerweise eher ein Faible für die etablierten Regisseure.


Hauptdarsteller:
- Casey Affleck, "Manchester by the Sea"
- Joel Edgerton, "Loving"
- Andrew Garfield, "Hacksaw Ridge"
- Ryan Gosling, "La La Land"
- Tom Hanks, "Sully"
- Denzel Washington, "Fences"

Auch weil es bei den Critics Choice Awards in der Regel sechs (statt wie bei den OSCARs fünf) Plätze gibt, bleiben Überraschungen aus. Es ist gut möglich, daß sich die fünf OSCAR-Nominees aus diesen sechs Namen rekrutieren werden, am ehesten könnte sich vielleicht Jake Gyllenhaal ("Nocturnal Animals") hineindrängen. Topfavorit ist nach derzeitigem Stand Affleck, der sowohl bei den NBR Awards als auch von den New Yorker Filmkritikern prämiert wurde.

Hauptdarstellerin:
- Amy Adams, "Arrival"
- Annette Bening, "20th Century Women"
- Isabelle Huppert, "Elle"
- Ruth Negga, "Loving"
- Natalie Portman, "Jackie"
- Emma Stone, "La La Land"

Ähnliche Situation wie bei den Männern, wobei die Konkurrenz hier in diesem Jahr sogar noch größer ist und deshalb auch übergangene (teilweise aber in genrespezifischen, von mir hier nicht extra aufgeführten Kategorien wie "Komödie" bedachte) Hochkaräter wie Meryl Streep ("Florence Foster Jenkins") sowie Sally Field ("My Name is Doris"), Kate Beckinsale ("Love & Friendship"), Taraji P. Henson ("Hidden Figures") und Jennifer Lawrence ("Passengers", wurde wahrscheinlich nicht rechtzeitig fertig) durchaus noch im Rennen um eine OSCAR-Nominierung sind. Die besten Chancen rechne ich aktuell Gotham Award-Gewinnerin Huppert (die auch bei den New Yorker Kritikern gewann) sowie Stone und Adams zu, aber das Rennen ist wirklich sehr offen.

Nebendarsteller:
- Mahershala Ali, "Moonlight"
- Jeff Bridges, "Hell or High Water"
- Ben Foster, "Hell or High Water"
- Lucas Hedges, "Manchester by the Sea"
- Dev Patel, "Lion"
- Michael Shannon, "Nocturnal Animals"

Das Fehlen von "Sully"-Copilot Aaron Eckhart überrascht, ansonsten wurden aber erneut lauter Schauspieler nominiert, die auch bei den Academy Awards Chancen haben. Bemerkenswert ist natürlich der Doppelschlag aus dem Neo-Western "Hell or High Water" - da besteht durchaus die Gefahr, daß die OSCAR-Juroren ihre Stimmen so sehr unter den beiden aufteilen, daß am Ende beide leer ausgehen. Dennoch sind aktuell Bridges und der von den New Yorker Filmkritikern ausgezeichnete Ali wohl die Frontrunner.

Nebendarstellerin:
- Viola Davis, "Fences"
- Greta Gerwig, "20th Century Women"
- Naomie Harris, "Moonlight"
- Nicole Kidman, "Lion"
- Janelle Monáe, "Hidden Figures"
- Michelle Williams, "Manchester by the Sea"

Daß von "Hidden Figures" die als Sängerin bekanntgewordene Monáe anstelle von Octavia Spencer nominiert wird, ist vermutlich die größte und eigentlich auch die einzige Überraschung. Favoritinnen sind Harris und Williams (Siegerin bei den New Yorker Kritikern).

Animationsfilm:
- Die rote Schildkröte
- Trolls
- Vaiana

Die Anwesenheit von "Trolls" ist eine große Überraschung, der Rest war in etwa zu erwarten. Ein Favorit ist schwer auszumachen: Bei den NBR Awards gewann "Kubo", bei den New Yorker Filmkritikern "Zoomania"; auch "Findet Dorie" und "Vaiana" sollten gute Siegchancen haben.

Nicht-englischsprachiger Film:
- "Elle", Frankreich
- "Die Taschendiebin", Südkorea
- "Julieta", Spanien
- "Neruda", Chile
- "The Salesman", Iran
- "Toni Erdmann", Deutschland

Nachdem Maren Ades "Toni Erdmann" bei den NBR Awards enttäuschenderweise nicht zu den Top 5 gerechnet wurde, ist er bei den Critics Choice Awards gut im Rennen - und wurde von den New Yorker Kritikern gar ausgezeichnet! Auch die übrigen Nominierten stimmen eigentlich komplett mit dem bisherigen Favoritenbild überein; dennoch dürfte es erfahrungsgemäß bei den OSCAR-Nominierungen in dieser Kategorie ein paar Überraschungen geben.

Sämtliche Kategorien gibt es bei IndieWire (die Homepage der Critics Choice Awards ist noch nicht aktualisiert).

Während ich diesen Artikel geschrieben habe, werden via Twitter nach und nach die Sieger der vom New York Film Critics Circle vergebenen Auszeichnungen (die zu den renommiertesten Kritikerpreisen in den USA zählen) bekanntgegeben. Die bisherigen Gewinner habe ich direkt in meine obigen Kategorieanalysen eingepflegt, beim Rest werde ich das später ohne zusätzlichen Hinweis nachholen.